Ein bedeutender Tag für Georgien: Die „Georgische Weizenkultur: Traditionen und Rituale“ wurde im Dezember 2025 von der UNESCO in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
Diese prestigeträchtige Inschrift, die im Jahr 2025 (20.COM) erfolgte, würdigt nicht nur landwirtschaftliche Methoden, sondern ein umfassendes kulturelles System, das Georgien seit Jahrtausenden prägt. Bereits 2019 hatte die georgische Regierung der Weizenkultur den Status eines „Immateriellen Kulturdenkmals“ verliehen.
Georgien: Die Wiege des Weizens und der Biodiversität
Georgien kann mit Stolz behaupten, nicht nur die Wiege des Weins, sondern auch eine der Ursprungsregionen des Weizens zu sein.
Archäologische Ausgrabungen in den tiefer gelegenen Regionen Kolchetis belegen, dass verkohlte Weizensamen bereits aus dem 5. bis 6. Jahrtausend v. Chr. stammen. Die Weizenkultur in Georgien blickt somit auf eine 5.000 Jahre alte Geschichte zurück.
Die biologische Vielfalt ist atemberaubend: Von den insgesamt 27 botanischen Weizenarten sind 14 in Georgien zu finden, wovon wiederum fünf endemisch sind – sie existieren nirgendwo anders auf der Welt. Dies bedeutet, dass in mehr als 70 % der weltweit angebauten Weizenarten georgische Gene stecken.
Die unschätzbaren endemischen Sorten
Die UNESCO-Anerkennung schützt insbesondere die genetische Einzigartigkeit und die Anbaumethoden dieser alten, widerstandsfähigen Sorten:
- Macha-Weizen: Er gilt als eine der ältesten Weizensorten der Erde und kann nur in Georgien erhalten werden.
- Persischer Weizen (Dika): Dies ist eine der am längsten in Georgien gezüchteten Arten und in vielen antiken Schriften erwähnt. Er zeichnet sich durch hohe Pilzresistenz, leichte Druschbarkeit und einen hohen Gehalt an Eiweiß und Lysin aus.
- Georgischer Spelt: Diese Sorte ist resistent gegen Schädlinge und Pilze und besitzt einen hohen biochemischen Gehalt. Der georgische Spelt wird wegen seines Geschmacks und seiner Robustheit von deutschen Wissenschaftlern als eines der wichtigsten Getreide der Zukunft genannt. Heute wird er weltweit zur Züchtung krankheitsresistenter neuer Sorten verwendet.
Die Kultur, die den Weizen umgibt
Die Anerkennung gilt ausdrücklich den Traditionen und Ritualen, die mit dem Weizen verbunden sind. Er ist ein tief verwurzeltes Symbol für Leben, Wachstum und Überfluss.
- Puri – Mehr als nur Brot: Brot (Puri) hat in Georgien seit jeher rituelle Bedeutung. Ein georgisches Fest (Supra) ist ohne Brot undenkbar. Die Sprache selbst zeugt von der Bedeutung: Eine großzügige Person wird Puradi genannt, und ein Gastfreundschafts-Ritual heißt Pur-Marili.
- Rituale des Lebens: Familien und Gemeinschaften folgen speziellen Bräuchen: Das erste Pflügen findet oft zur Frühlings- oder Herbst-Tagundnachtgleiche statt. Bei Hochzeiten wird dem Paar Weizen über den Kopf gestreut, um Glück, Kindersegen und Wohlstand zu wünschen.
- Gemeinschaftsarbeit: Bei der Ernte kommen alle zu einem Fest zusammen, um mit Essen, Musik und geteilten Ritualen zu feiern. Das Backen und Teilen von rituellem Brot, wie dem im Tone-Ofen gebackenen Shoti, ist tief im kulturellen Gefüge verankert.
Die Aufnahme in die UNESCO-Liste ist somit ein würdiger Schutz für ein einzigartiges Agrarerbe, das untrennbar mit der georgischen Kultur, Gastfreundschaft und Identität verbunden ist.